Gesicht zeigen!

Dr. Petra Erler hatte in ihrem Vortrag angedeutet, dass sie zurückkehren möchte zu einem stärkeren Fokus auf Realpolitik. Persönlich halte ich diesen Ansatz besonders bezüglich der Europäisch-russichen Beziehungen für wichtig. Was sich vor allem in den Gesprächen mit Petra Erler sowie Helmut Scholz gezeigt hat, ist, dass der europäische Frieden momentan prekärer ist, als mir persönlich bewusst war. Neben der Notwendigkeit für eine Realpolitik, die vor allem den Frieden an vorderster Stelle innehaben muss, bietet ein realpolitischer Ansatz auch die Möglichkeit, Selbstbestimmung und Souveranität im Lichte von westlicher militärischer Intervention sowie strukturellen wirtschaftlichen Zwängen wieder in den Mittelpunkt globaler Politik zu stellen, um den ideologischen Charakter, den der Diskurs der Werte eingenommen hat, zu hinterfragen. Hiermit würde ich zum Beispiel auch Gehrckes außenpolitische Einstellung gegenüber Syriens kritisieren, in der scheinbar der Wert der Sekularität vor den der Selbstbestimmung gestellt wird (man bevorzuge ja einen sekulären Partner in der Friedensfindung). Europa sollte, zusätzlich zu seinem geschichlichen Verständnis, innenpolitisch ein Friedensträger zu sein, bezüglich seiner Kolonialgeschichte nun auch Gesicht zeigen, um eine außenpolitischer Friedensträger zu werden – was sich bezüglich der Geflüchtetensituation aktuell ja auch innenpolitisch auszahlen würde.

Beryl Boehmer

Kontinuität statt Bruch

Der erste Seminartag hat für mich in positiver Hinsicht historische mit neuen Aspekten sicherheitspolitischer Fragen verbunden. Während die geschichtlich verankerten Vorträge vor allem verdeutlicht haben, dass „Hard-power“ und Machtpolitik weiterhin von Relevanz sind und den politischen Umgang im globalen Norden strukturieren, hat der Vormittag mit seinem theoretischem Fokus auf den Pazifismus vor allem einen Bezug gehabt zu vieler der militärischen Interventionen und ihrer Legitimationen seit Ende des Kalten Krieges. Leider hat der Vortrag von Herr Solty gefehlt, von dem ich mir erhofft hatte, eine Brücke zu schlagen zu neueren sicherheitspolitischen Themen, die vor allem Regionen wie die MENA oder Konfliktländer betreffen, und die durch die Logik des Kalten Krieges sich erklärende aktuelle Ukraine-Krise. Demnach wird das Ende des Kalten Krieges oft als geschichtlicher Bruch gesehen, während sich aktuell herauskristallisiert, dass es Kontinuitäten in beiderlei hinsicht gibt (beiderlei meint hier bezüglich der Machtpolitischen Beziehungen zwischen West und Ost sowie der polemisch bezeichnet neokolonialen Beziehungen zwischen Nord und Süd), die evtl. auch durch Soltys Ansatz, Außenpolitik mit der Innenpolitik zu verknüpfen zu erklären sind.

Beryl Boehmer

Potsdamer Außenpolitisches Sommerseminar 2015: Gedanken und Feedback

Dieser Beitrag soll, mehr oder weniger, dem Feedback dienen, jedoch auch einzelne, mir interessant erscheinende Themen und Sachverhalte tangieren. Dabei soll vom Allgemeinen zu Speziellen verfahren werden.

Zunächst zum Allgemeinen:
Unterbringung sowie Speis und Trank waren absolut in Ordnung. Auch wenn man sich gewünscht hätte, ein Hotel näher am Veranstaltungsort bewohnen zu können, so bleibt festzuhalten, dass die Unterbringung im Plattenbauviertel so verkehrt nicht war. Denn schließlich ermöglichten die Fahrten von ca. 15 bis 25 Minuten Länge auch einen Einblicke in den Potsdamer Städtebau. Diesbezüglich sei anzumerken, dass Potsdam auch abseits des Zentrums durchaus etwas hermacht und eben nicht nur Wert auf Repräsentanz, Prestige und damit Schein gelegt wird. Die Verpflegung war (auch dank der Gutscheine für die Mensa) ausreichend und durch den Besuch unterschiedlicher gastronomischer Lokalitäten bisweilen sehr gut – im Grunde brauchte man sich diesbezüglich um nichts kümmern. Daher Danke!

Zum Umfang des PAS, sprich die Verplanung der Tage sei gesagt, dass das Programm in seiner Fülle doch äußerst reichhaltig war. Von früh um 09:00 Uhr bis abends 22:00 Uhr hatte man stets viel zu tun. Wobei „zu tun haben“ tatsächlich meist aus zuhören bestand, was sich auf Dauer als doch recht anstrengend herausstellte. In Verbindung mit fast ständigem Sitzen stellten sich (bei mir) oft Ermüdungserscheinungen ein. Ein wenig körperliche Abwechslung hätte durchaus gut getan. Diesbezüglich frage ich mich, warum es nicht möglich sein sollte, mit solch einer Truppe wie der unseren, laufend bzw. spazierengehend Themen zu erörtern und zu diskutieren. Da hat Potsdam so schöne Parkanlagen und man sitzt stattdessen in Seminarräumen rum. Im Kopf habe ich immer das Bild eines Preußen Friedrichs (egal welcher von denen), der mit seiner Entourage durch die Parkanlagen Sanssoucis schlendert und seinen Staatsgeschäften nachgeht. Der Witz dabei ist doch, das Bewegung (und sei es nur ein Spaziergang) sowohl den Körper als auch den Geist fit hält (letzteres sogar instant). Dies scheint mir eine universelle Erkenntnis, welche sich die Veranstalter des PAS zu Nutze machen sollten. Immer nur sitzend zu lauschen und zu diskutieren sind dem Entwickeln klarer und konsistenter Gedanken eher unzuträglich, würde aber erklären, warum Politik heutzutage außer flachem Geseier in der Tat nichts zu bieten hat.

Zum Inhalt des PAS:
Es ging um die Sicherheit in Europa von 1945 bis 2015. Hauptaugenmerk wurde auf das Potsdamer Abkommen sowie die KSZE (später OSZE) gelegt. Dazu wurden verschiedene Texte zur Verfügung gestellt, mit der Bitte, sich diese doch vorher zu Gemüte zu führen um auf einer gemeinsamen Grundlage diskutieren zu können. Und da gab es m. E. Probleme. Wer sich tatsächlich alle zur Verfügung gestellten Texte vorab durchlas, für den stellten sich einige Abschnitte des PAS als äußerst redundant dar. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an den historischen Abriss zu KSZE. Tipp für die Zukunft: bitte nur eins von beiden. Entweder Text zu lesen geben oder darüber referieren. Beides zusammen scheint unnötig und verschenkt wertvolle Zeit (wer nicht liest, obwohl es vorausgesetzt wird, hat, leider Gottes, Pech gehabt – u. U. könnte man, etwas diplomatischer, kurze Handouts reichen).
Festzustellen war, dass hauptsächlich alte Männer sprachen und zwar über die Vergangenheit. Es ist ja durchaus interessant Zeitzeugen zu lauschen; vor allem dann, wenn es sich bei diesen um Leute in exponierten Stellungen handelte. Jedoch besteht die Gefahr, dass das Ganze zu einer retrospektiven Nabelschau ausartet – eben in Geschwätz alter Männer über deren Vergangenheit. Daher kam mir Frau Dr. Petra Erler ziemlich gelegen; forderte Sie doch Ihre Zuhörer heraus und brachte dadurch einen unheimlichen Schwung in die Diskussion. Im diesem Sinne: Danke Frau Dr. Ehrler!

Die Gesprächsrunde mit Herrn Modrow war ebenfalls aufschlussreich, da einem so ein Blick hinter die Kulissen gewährt wurde. Jedoch sollte man vorsichtig sein und (wie immer) das Gesagt in Frage stellen. In diesem Zusammenhang sei auf Gorbatschow, die NATO-Osterweiterung und die fehlenden Verträge hingewiesen. Verhält es sich doch so, das in anderen Kultur- und Gesellschaftskreisen ein Vertrag nichts, jedoch ein Ehrenwort alles bedeutet. Und wer sein Ehrenwort bricht, ist raus aus dem Club der Ehrenmänner, was meist schon Bestrafung genug ist, da einem auf diese Art womöglich auch andere Netzwerke und (Verdienst-)Möglichkeiten verschlossen bleiben. Kurzgefasst: Verträge sind eine Erfindung des weißen Mannes, welcher, wenn es ihm vorteilhaft erscheint, seine eigenen Verträge ignoriert – die amerikanischen Ureinwohnen wissen dies zu bestätigen. Andererseits muss man Gorbatschow wohl in der Tat grob fahrlässiges Verhalten unterstellen – sich als Staatsmann auf ein mögliches Ehrenwort des politischen Gegners zu verlassen scheint unverzeihlich. Und sich zudem die deutsche Wiedervereinigung für umgerechnet 6 Milliarden Euro „abkaufen“ zu lassen spottet jeglicher Beschreibung. Vor allem wenn man bedenkt, dass allein die „Rettung“ der Commerzbank nach der Finanzkrise 2008 mit 18 Milliarden Euro zu Buche schlug, muss man sich fragen, wie Gorbatschow mit einem Drittel dessen das Sowjetimperium retten wollte. Crazy!!!

Weitere Stationen des PAS betrafen u.a. die Sicherheit Europas aus polnischer Sicht (Danke an Prof. Dr. Bogdan Koszel) sowie ein gedanklicher Ausflug an die Nordgrenzen Europas und damit verbunden Gedanken zur europäischen Energiepolitik, welche angesichts der deutschen Energiewende und Dekarbonisierungsdebatte recht anachronistisch erscheint. Die Zeiträume zur Erschließung von Gas- und Ölressourcen im Nordmeer, mit denen hier gearbeitet wurde (22. Jahrhundert!!!) sowie die veranschlagten Kosten von rund 80 Milliarden Euro geben einem arg zu denken, vor allem wenn man bedenkt welche Fortschritte bei den erneuerbaren Energien in verhältnismäßig kurzer Zeit erzielt wurden. Real-körperliche Ausflüge, u.a. in den Bundestag, um mit aktuell praktisch handelnden Politikern zu disputieren, waren ein angenehmer Kontrast zu der sonst eher theoretischen Ausrichtung des PAS. Erschreckend finde ich, das sich die Erkenntnis des Herrn Solty bestätigt, wonach wir Linken (gemeint ist nicht nur, sondern auch die Partei DIE LINKE) stark in der Analyse, jedoch schwach im Formulieren von Alternativen sind. Nicht nur das es uns an Ressourcen vielfältigster Art fehlt, nein, es fehlt uns auch an einer Ideologie (ich denke „der Sozialismus“ ist seit der Wende verbrannt und lockt, zumindest hierzulande, kaum noch jemanden hinter dem Ofen vor). Hier müsste ein quasi-neues gesellschaftliches Narrativ entwickelt und einheitlich-offensiv vertreten werden. Denn auch wenn wir es durchaus drauf haben zu analysieren, konnten mir weder Herr Modrow noch Frau Ehrler tatsächlich alternative Handlungsweisen vorschlagen, geschweige denn mir den Weg beschreiben, welcher zu gehen wäre. Als jemand der die asiatische Kultur schätzt, fehlt mir so eine Art Sensei, welcher mir den rechten (in diesem Fall besser linken) Weg zeigt. So bleibt mir nichts weiter übrig als mich am Motto der mexikanischen Zapatistas zu orientieren: Fragend schreite ich voran!

Fazit:
Im Großen und Ganzen, und da möchte ich ausschließlich nur in meinem Namen sprechen, hielt das PAS kaum neue Erkenntnisse für mich parat, da ich mit einem Großteil des Inhalts schon vertraut war und vieles, was referiert wurde, bereits so vermutete (wer seit fünf Jahren die Blätter für deutsche und internationale Politik sowie regelmäßig die www.nachdenkseiten.de liest, ist besten mit der Materie vertraut). Sicherlich verhält es sich so, dass die Referenten auf ihrem Spezialgebiet alle Experten sind. Jedoch ging und geht es mir selten um Details sondern immer ums große Ganze (auch abseits des Politischen). Vielmehr und viel wichtiger scheint es bei einer Veranstaltung wie dem PAS um den Aufbau von Netzwerken zu gehen, sowie darum, sich gegenseitig die intellektuell-progressive Seele zu streicheln, was in unserer äußerst unvernünftigen und gesellschaftlich atomisierten Zeit dringend geboten ist. Mir jedenfalls tat es sehr gut!

Zum Schluss:
Zunächst sage ich dank an die Teilnehmer des PAS: Es war mir eine Freude euch kennengelernt zu haben und ich hege die Hoffnung, dass wir uns bei ähnlicher, aber gern auch bei anderer Gelegenheit wiedersehen. Des Weiteren danke ich allen Referenten, welche das PAS zu einem intellektuellen Genuss gemacht haben. Weiterer Dank geht an die Organisatoren Angela Ch. Unkrüer und Christoph S. Widdau (dein Vortrag war echt Klasse) sowie an Prof. Dr. habil. Reimund Krämer. Mängel in und an der Organisation werden ja erst sichtbar, wenn sich jemand negativ äußert, wohingegen, wenn es gut läuft, sich kaum jemand positiv zu äußern vermag. Dies möchte ich hiermit jedoch tun und sage: Danke, der Aufwand hat sich gelohnt! Schlussendlich danke ich auch der Universität Potsdam für die Bereitstellung der Räumlichkeiten nebst Mensa, sowie, last but not least, der Rosa-Luxemburg-Stiftung für Ihre finanzielle und personelle Unterstützung sowie deren Vorsitzender, Frau Dr. Dagmar Enkelmann (ohne deine Einladung hätte ich wohl nie vom PAS erfahren). Danke! Und immer dran denken, auch wenn es hippiemäßig klingt und oft schwer fällt: Wer Liebe im Herzen trägt, wird Liebe erfahren! Soviel zur stärksten Ressource, welche uns zur Verfügung steht.

Philipp Diettrich

Deutschland als neue Hegemonialmacht?

Am Dienstag Morgen sprachen wir mit Erhard Crome über Deutschlands Rolle in Europa: ist Deutschland die neue Hegemonialmacht? Deutschland, das nach dem Zweiten Weltkrieg doch eigentlich in seiner Macht beschränkt wurde und sich selbst eine Außenpolitik ausschließlich in Einklang mit den Bündnispartnern auferlegt hatte, übernimmt inzwischen innerhalb der EU eine starke Führungsrolle. Ob dies nun das „Schicksal“ Deutschlands ist und ob es eben zu diesem Schicksal dazugehört, dass Deutschland an dieser Rolle scheitert, wie eine umstrittene These lautet, ist diskussionswürdig. Die Führungsrolle wurde in der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise jedoch mehr als deutlich.

In der Diskussion habe ich mich an die in den letzten Monaten verwendete Sprache unserer Spitzenpolitiker*innen erinnert. Griechenland solle seine Hausaufgaben machen. Es muss aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Eine ähnlich Sprache wird in der aktuellen Problematik der Flüchtenden verwendet: Angela Merkel nennt sie eine nationale Aufgabe und auch Sigmar Gabriel verliert sich in nationalen Bezügen, wo es doch um eine Situation geht, auf die nur gesamteuropäisch reagiert werden kann. Diese Sprache lässt mich unweigerlich an das Agieren eines Hegemons denken.

Ein Seminarteilnehmer stellte provokativ die Frage, was denn schlimm an einer deutschen Hegemonie sei – wir seien doch „die Guten“. Mit einer rücksichtslosen, nationalstaatlichen Politik, die anderen Staaten ihre neoliberalen Regeln aufzwingt, um dadurch den eigenen Nutzen zu maximieren, ist die These der „guten Deutschen“ mehr als widerlegt. Damit, dass diese Politik in eine Art der strukturellen Gewalt führen kann, sind wir wieder beim Einstiegstext für das Seminar von Ingar Solty.

Dass Deutschland seine Stellung nutzt, um die EU zu stärken bleibt damit zu bezweifeln. Da das Gefüge der EU vom Ursprung her keinen Hegemon vorsieht, bleibt ohnehin abzuwarten wo Deutschlands derzeitige Stärke hinführen wird.

Laura Brehme

Von der europäischen Integration zur Nationalstaatlichkeit?

Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Hollande verhandeln über Minsk II und werden damit zu einem wichtigen Akteure der europäischen Außenpolitik. Damit liegt der Schluss nahe, dass wir keine außenpolitische Institution in der EU benötigen. Falsch! „Wir brauchen eine Mogherini“ antwortet der Europaabgeordnete Helmut Scholz im heutigen Gespräch. Es bestehe kein Grund Institutionen, die wir einmal geschaffen haben, wieder abzuschaffen. Viel mehr brauchen wir eine Erweiterung der Kompetenzen des Amtes von Mogherini. Dabei steht die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik der EU nicht für eine Machtlose Instanz innerhalb der Gemeinschaft, sondern vielmehr als „ein Symbol der nicht zu Ende gebrachten Kompetenzabgabe“ der Nationalstaaten an die EU. Bewusste Schwächungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), kann nach Scholz nur durch eine Änderung der Verträge erfolgen. Jedoch scheint dieser Schritt in Zeiten von Krisen und Konflikten in der europäischen Union unvorstellbar.

Christian Spicker

Zu den russisch-chinesischen Beziehungen

Interessant war für mich heute der Vortrag von Peter Linke zu außenpolitischen Denkansätzen in Russland. Diese russische Debatte blieb mir durch mangelnde Sprachkenntnisse bisher weitgehend unzugänglich.

Die in der Debatte prädominante Anerkennung von China als größere Macht, mit der man nicht unter Gleichen verhandeln kann, überraschte mich dann auch. Hier hätte ich mehr russisches Selbstbewusstsein erwartet, d.h. das Beharren auf eine Beziehung auf Augenhöhe, zur Not unter Rückgriff auf eine falsche Wahrnehmung der realen Machtverhältnisse. Es wird spannend sein zu beobachten, wie sich diese neue Konstellation auf die historisch doch sehr wechselhaften russisch-chinesischen Beziehungen auf Dauer auswirken wird. Die Juniorrolle wird meines Erachtens sicherlich eine dauerhafte Abkehr Russlands von Europa verhindern – im Zweifelsfall ist ein zweites strategisches Standbein keine schlechte Voraussetzung für einträgliche Verhandlungen. Sich einer einseitigen Abhängigkeit auszuliefern, wäre unklug.

Yann Wernert

Who must be blamed for the political insecure situation in Europe?

Following the Russian-Georgian war in August 2008, Ukraine crisis has emerged as a new test of Western commitment and resolve. There were needless provocations like attempt to turn Ukraine into a “Western society” or draft Georgia into NATO. And from realist approach, Russia had to be responded to decisions- EU or NATO’s absorption of post-Soviet countries – that are not in vital interests of the Kremlin. NATO’s attempts of expansion further into the former Soviet countries are false. But it is also false to think that Russia should have special right to determine the policies and governments of its neighboring countries. It should not be forgotten that Russia has a hand in and is involved in all post-Soviet conflicts.

This inherent fragility only enhances the geopolitical vulnerability of the post-Soviet region and allows Russia to maximize its leverage and consolidate its power and position. Russia is going to build a new iron curtain within the former Soviet space and is embarking on a destabilization campaign targeting the Nordic and Baltic theatres.

What should be done for avoiding the further escalation of the crisis in the case of Ukraine or any other country, which confront the West with Russia? The best choice would be a declaration of Ukraine or any other post-Soviet country as a neutral zone, as it was case of Austria during the Cold War years; or to apply Finlandization policy to the country, which should not be forced to have a choice either NATO or Russian led military organization.

Elnur Ismayilov

Kalte-Kriegs-Rhetorik zurück in den Kalten Krieg!

Dieser Morgen war der europäischen Sicherheit und der Rolle Europas in der Welt gewidmet. Dabei kam die Frage auf, wie die Bedeutung des Kalten Krieges in jüngeren Generationen aussieht. Ist die Problematik noch präsent? Werden wir Lehren aus den Ereignissen bis 1990 ziehen?

An der Universität Bonn, wo ich meinen Master gemacht habe, war die Bipolarität aus dem Kalten Krieg noch sehr präsent. Ich hielt den Rückbezug darauf oft für konservativ und überholt. Doch wenn man sich die aktuellen Debatten anschaut, scheint es noch sehr in den Köpfen der Menschen verhaftet zu sein. Gerade in der Ukrainekrise fühlte ich mich oft an die Rhetorik aus dem Kalten Krieg erinnert – bei Politiker*innen ebenso wie bei Journalist*innen. Und zwar auf beiden Seiten.

Die Bipolarität ist natürlich eine sehr klare und einfache Sicht auf unsere Weltordnung. Es ist klar, wer gut und wer böse ist, wer auf welcher Seite steht. Gegenseitige Vorwürfe über Provokationen und Verstöße gegen Absprachen lassen sich sehr einfach in die Kalte-Krieg-Konstellation einbetten. Für Politiker*innen eine gute Gelegenheit, die Konflikte ihren Wähler*innen zu vermitteln. Aber auch Wissenschaftler*innen scheinen oft dankbar über diese klaren Parameter, um unsere Welt zu erklären.

Peter Linke, unabhängiger Analyst, bestätigt, dass es insbesondere im Bereich der Internationalen Beziehungen an neuen Instrumenten und Ideen fehlt, um Konflikte zu erklären. Gerade hier falle es schwer sich eine Welt ohne Stabilität vorzustellen, Zerfallsregionen, wie die arabische Welt zu erklären.

Wir erleben derzeit eine Renaissance alter Vorstellungskonzepte. Dazu gehört eine Rückkehr ins Religiöse genauso wie das Festhalten an Konzepten des Kalten Krieges in den Internationalen Beziehungen.

Gerade die Konflikte zwischen der EU und Russland würden viel verständlicher werden, wenn man nicht in die Kalte-Kriegs-Rhetorik zurückfällt. Wir müssen uns trauen, unsere komplexe Welt auch als solche zu beschreiben!

Laura Brehme

The moral (un)sustainability of pacifism

One of the problematic topics in IR discourse is the role of just war theory and liberal internationalist thought which accept the need for war based on moral principle on the one hand, and on the other hand pacifist thought which is against to be involved militarily as a means resolving disputes. But it should be also acknowledged that when a state is not in the condition to protect its own people, then responsibility should be taken only by international community. Over recent years such reasoning has proved its importance in variety of cases like Kosovo and Somalia. From my point of view, today pacifist approach to the conflict situations seems unrealistic and morally unsustainable. The only thing which pacifist ideas might be acceptable is its approach that they advocate efforts to maintain peace and support disarmament.

Elnur Ismayilov

Eine politische Bankrotterklärung

Aus Krankheitsgründen konnte Herr Solty heute leider nicht referieren. Da seine Gedanken über den Text im Literaturapparat zur Verfügung standen, bietet sich hier dazu eine Rückmeldung an

Grundsätzlich war es interessant, marxistische Argumentationsmuster in die Praxis umgesetzt zu sehen, da sie seit einiger Zeit nicht mehr zum gängigen politikwissenschaftlichen Instrumentarium gehören. Bei der Lektüre hat sich für mich gezeigt, dass diese ausbleibende Verwendung sehr gute Gründe hat.

Theorien des Klassenkampfs auf das Deutschland des 21. Jahrhunderts anzuwenden, war analytisch alles andere als erhellend und mutete abstrus an. Begrifflichkeiten wie „Arbeiterklasse“ oder „Klassenverrat“ sind weit davon entfernt, aktuelle Gesellschaftsentwicklungen auch nur annähernd zu erfassen.
Bei dem Versuch, der reinen Lehre treu zu bleiben, schafft es der Autor auch nicht den sich ergebenden Widerspruch zwischen Demokratie und Staatsmacht als „Fähigkeit einer Klasse, ihre Interessen durchzusetzen“ aufzulösen. Wie soll ein Staat die Menschen unterdrücken, die dessen Entscheidungsträger bestimmen? Eine Antwort hierauf bleibt der Autor schuldig, was wesentliche Teile seiner Argumentationskette obsolet macht. Vermeintliche Entdemokratisierungsprozesse werden nicht oder kaum begründet.

Der Kommentar soll nicht in Exegese ausarten, aber die Vorschläge zu einer linken Außenpolitik möchte ich doch noch erwähnen, da ich auf diese sehr gespannt war. Neben längst zum Mainstream der Politik gehörenden Ansätze wie Konfliktprävention oder der Einbindung zivilgesellschaftlicher Gruppen, wird die Notwendigkeit praktischer politischer Betätigung trotz fehlender Mehrheiten erwähnt. Dies fand ich insofern bemerkenswert, als der Autor ein paar Zeilen höher explizit und streng jegliche Beteiligung an einer rot-rot-grünen Koalition ausschließt. Wenn nicht in diesem Rahmen, in welchem sonst sollte eine Betätigung linker Außenpolitik, die auch etwas bewirken kann, erfolgen? Gleichzeitig Kompromisse mit der derzeitigen Lage eingehen zu wollen und im selben Atemzug jegliche politische Kompromisse auszuschließen erscheint eher wie eine politische Bankrotterklärung. Insofern sehe ich bei linken Koalitionen in außenpolitischen Fragen schwarz.

Insgesamt hat das Papier meine Vorurteile gegenüber marxistischer Argumentation bestätigt und auch bestärkt. Ich hätte gerne Herrn Soltys Antworten auf meine Einwände gehört. Schade, dass wir ihn nicht antreffen konnten!

Yann Wernert